Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 18. Januar 2017

Interaktiver WunschPORNO und Karamellkonfekt – Friends with Benefits Teil 3




Teil1 gab einen Einblick wie unsere Art das Sexualleben zu erweitern eine Ehe bereichern kann. In Teil 2 haben wir dann eine kleine Safari durch unsere gelebtenPhantasien gemacht und dort nicht nur die Schönheit der Natur entdeckt. Es geht weiter mit dem Versuch eine Schublade zu finden. Und wenn man keine findet baut man sich halt eine.

„Das kulturelle Tabu um Sex mit unseren Freunden hängt direkt mit der Vorstellung zusammen, dass Sex allein in monogamen, eheähnlichen Beziehungen stattzufinden hat. Wir hingegen halten Freundschaft für einen hervorragenden Grund, miteinander zu schlafen. Unserer Ansicht nach werden Freundschaften durch Sex zusätzlich gefestigt.“

Wo kann ich unterschreiben? Das Zitat stammt aus dem Buch „Schlampen mit Moral“ von Dossie Easton und Janet W. Hardy. Ich habe das Buch zufällig auf dem Couchtisch meines promiskuitiven Lieblingsschwulen Rick gefunden. Der Untertitel „Eine praktische Anleitung für Polyamorie, offene Beziehungen und andere Abenteuer“ macht mich neugierig.  Vielleicht liefert mir dieses Werk eine Definition für den Lebensstil, den wir nun schon seit mehr als zwei Jahren sehr glücklich und aus Überzeugung leben?

Beim Studieren der Kundenrezensionen bei Amazon entpuppt sich das Buch als eine Art Bibel für die Verfechter alternativer Partnerschaftsmodelle. Beim Querlesen suche ich allerdings vergeblich, einzig das oben stehende Zitat würde ich ohne Wenn und Aber unterzeichnen. Versuchen wir uns also selbst an der Beschreibung unserer Lebens- bzw. Liebensweise.

Kurz gesagt endet unsere Freundschaft nicht an der Bettkante. Mir reicht das aber nicht. Als wir vor ein paar Jahren beschlossen zumindest unser Sexualleben gelegentlich für dritte bzw. vierte zu öffnen, stellten wir uns das wie bereits erwähnt sehr einfach vor. Ist ja nur Sex, eine flüchtige Bekanntschaft, die unseren ästhetischen Ansprüchen genügt, wird wohl ausreichend sein.

Nach der Erkenntnis, dass sich eine Freundschaft rund um den Vierer durchaus bereichernd auswirken kann (auch weil die Suche nach dem Filetstück im Schlachtabfall bei jedem neuen Swingerclubbesuch entfällt wenn man seine Begleitung für den Abend schon mitbringt)  dachten wir unser Lieblingsstück vom Kuchen gesichert zu haben.

Nur irgendwie wurde uns der Kuchen mit der Zeit zu staubig und trocken – Gründedafür im Teil 2. Also kuckt man mal was noch so auf dem Tisch steht. Nicht das man irgendwann von diesem riesigen Stück Rührkuchen so satt ist das kein Platz mehr für Sahnetorte ist? Also weg mit dem Kuchen und her mit der Torte.

Wir treffen Sarah und Marco bei einem dieser zwanglosen Dates auf neutralem  Boden, dass nach virtuellem Beschnüffeln und beiderseits für gut Befinden per Email anberaumt wurde. Trotz kurzfristig bei einem Unfall im Rahmen des Eltern-Kinder-Freizeitsports zum Freitagabend abgebrochenen Schneidezahn Herrn Müllers sowie Sarahs gedankenlosem Tzatziki-Genuss zum Feierabend ohne Hinblick auf das abendliche Vorstellungsgespräch mit potentiellen Bettgenossen ist der Abend ein voller Erfolg.
 
Das vor uns sitzende Pärchen wirkt nicht als müsste es seinen altersbedingt sinkenden Marktwert durch materielle Ablenkungsmanöver wie der mediterranen Villa als Eigenheim  und dem Geschäftsführerposten aufbessern. Vielmehr erkennen wir beim Anblick der beiden unseren eigenen tatsächlichen Marktwert, den wir in der vergangen Zeit einfach nur verramscht haben. Die beiden sind zumindest schon mal der optische Deckel für unseren Topf.

Dank „Fuckbook“ (mehr dazu in Teil 2) sind die Intentionen auf beiden Seiten geklärt. Man sucht das Freundschaftsplus. Neben dieser Gemeinsamkeit entdecken wir im Gespräch noch mehr Schnittstellen. Vom gemeinsamen langjährigen Arbeitgeber der beiden Männer über unsere Vorliebe für eigenwillige Couchgenossen im Fellkleid bis hin zu ähnlichen Ess-, Trink und Feiergewohnheiten. 

Marco bringt es in einer dieser unangenehmen Gesprächspausen auf den Punkt und durchbricht das Schweigen mit den bedeutungsschweren Worten „Joooaaa, sympathisch…“ – „Wir sind im Reeeeecaaall!“ schießt es mir in diesem Moment durch den  Kopf. 

Da wir ja alle ganz anständig das umfassende Kennenlernen vor dem ersten Körperkontakt favorisieren, planen wir  ein weiteres Treffen vor dem Hintergrund der gemeinsamen Nahrungsaufnahme am nächsten Wochenende. Nach ergebnisloser Diskussion zur Wahl der Location stellen wir in der zweiten Wochenhälfte gemeinschaftlich fest, dass das Essen im Swingerclub doch eigentlich auch recht gut schmeckt.

Es bleibt alles ganz anständig, man beschränkt sich nahezu ausschließlich aufs Nebeneinander, trotzdem macht das Gesehene und Gehörte und natürlich das „zufällig“ Gefühlte Lust auf meeeehr Miteinander. 

Nach dem Kennenlernen auf neutralem Boden und feucht abwischbaren Club-Matratzen kam der Sex und danach die Freundschaft und mit ihr kam noch besserer Sex und eine noch bessere Freundschaft.

Dem eigenen Partner beim Sex mit einer anderen Frau erleben ist wie ein ganz persönlicher Wunsch-LIVE-Porno, vorausgesetzt natürlich die Chemie unter ALLEN Beteiligten stimmt. Mal ehrlich: vielleicht macht es uns scharf wenn wir solche Filmen kucken aber der „anspruchsvolle Zuschauer“ wird immer wieder etwas an den Hauptdarstellern entdecken, das seiner persönlichen Lust abträglich ist, seien es Fingernägel, Silikonmöpse, bescheuerte Tattoos oder „Wortbeiträge höchster Schauspielkunst“ a la „Warum liegt hier Stroh?“. 

Hier vögeln nun zwei Personen die man selbst sexuell UND menschlich äußerst attraktiv findet, außerdem kann man jederzeit ins Geschehen „eingreifen“, die Handlung quasi lenken. Klingt doch reizvoll, oder? 

Nicht nur der tatsächliche Sex bereichert solch eine Freundschaft sondern auch der den man hatte: man kann den nämlich wunderbar im Dirtytalk mit dem eigenen Partner auswerten. Der den man gedanklich hat bzw. gerne hätte, sorgt für genauso  angenehmes Kribbeln unterhalb der Bikini-Linie. Und in manchen Situationen ist gerade der Sex den man nicht haben kann der der dich am schärfsten macht.

Zum Beispiel wenn die Kinder eine Etage höher schlafen, man unverfänglich zusammen coucht aber viel lieber in einer wilden Orgie über einander herfallen würde, es aber nicht tut, weil die Folgen eines kindlichen Traumas für die nächtlichen Klo-Gänger wohl noch verheerender wären als nur die eigenen Eltern beim Sex zu hören oder gar zu sehen (Ich denke die Mehrzahl der Leser weiß wovon ich spreche. Also MEINE Eltern haben UND hatten NIE Sex. Auf keinen Fall. Hallo?)

Wir sind nun seit langem nicht nur in der Horizontalen ein Team. Eigentlich gehört das jeweils andere Pärchen zur Familie. Egal ob Schulanfang, Hochzeit, Umzug, Urlaub, Grillerchen oder Besuch am Krankenbett – jeder ist immer mit dabei. Wir bezeichnen das als die Quattro-Ehe (übrigens von einer „Standesbeamtin“ die so echt war wie ihre Wimpern im Jahre 2016 im Rahmen der CSD-Abschlussparty persönlich getraut). 
Ein Paar „geht eine Bindung ein“ mit einem Paar, mit ALLEN „Verpflichtungen“ wie sie Partner sonst auch haben: Sex (nur weil der hier an erster Stelle steht heißt das nicht… blablabla), in guten wie in schlechten Zeiten und natürlich Treue. Übrigens gibt es auch maßvolle Eifersucht wie in jeder „guten“ Beziehung auch. Aber nicht auf einander, sondern – wie könnte es anders sein – auf andere Paare.
Streng genommen passt darauf weder die gängige Definition von Polyamorie noch die der offenen Beziehung.
  
Wir leben in einer modernen Gesellschaft, bestehend aus verschiedensten sozialen Konstrukten. Die klassische Ehe wird zunehmend in Frage gestellt. Darüber habe ich in einem der vergangenen Posts schon einmal geschrieben (Hier klicken). Es gibt Patchworkfamilien, Homo-Ehen, Ein-Elternfamilien, Singlehaushalte, unzählige „wilde Ehen“ (hübscher Begriff, auch wenn er antiquiert klingt)  und wer weiß was sonst noch.

Ich esse immer erst das Karamell-Konfekt in der Colorado-Tüte und dann den Rest. Will heißen: suchen wir uns das aus der  bunten Vielfalt heraus, was uns am glücklichsten macht und schätzen wir den Rest trotzdem. Mein Konfekt ist die Quattroehe.

Nächste Woche Mittwoch, am 25.01., gibt’s dann den vierten und letzten Teil der Reihe „Friends with Benefits“. Es bleibt die Frage WARUM das alles so gut funktioniert. Ich hab’s mit „einer Art Mathematik“ und wie gewohnt bildhaften Vergleichen versucht. Ihr dürft gespannt sein.

Für mehr "Philosophie" diesseits und jenseits der Bettkante folgt mir auf Fuck- HALT! Facebook ,-)








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