Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 5. Juli 2017

Frau Müllers Flohmarkt der Gefühle - Blogparade: Schreib-Katharsis für ALLE



Es sind Ferien und das Hirn macht 137 Updates. Bitte unterbrechen sie die Stromzufuhr nicht. Dennoch soll der 50. Blogeintrag etwas Besonderes sein. Sehr viel Output gibt es heute nicht, dafür aber Hilfe zur Selbsthilfe...
 
Es ist tatsächlich ein bisschen wie Ebay. Etwas, das man nicht mehr braucht oder sogar dringend loswerden will, nimmt ein anderer sehr gerne und hat womöglich auch noch viel Freude damit. Ebay für Emotionen. Besonders aus den Feedbacks zu Artikeln, in denen ich mich über irgendetwas auskotze, lese ich nicht selten viel Dankbarkeit heraus. „Ich habe mich köstlich amüsiert“, „Zum Totlachen“ und vor allem viel Wiedererkennungswert im eigenen Gefühlsleben. Also meine Inneneinrichtung ist gut mit eurem Interieur kombinierbar. Wie schön, dass euch Gefühle, die ich loswerden wollte, so viel Freude bereiten. Nicht selten wird ein kleiner netter Austausch daraus, von dem man dann als Gefühls-Anbieter auch noch etwas hat. Genau wie bei Flohmärkten und Kleinanzeigen.
 
Eine Bekannte, die über die Pathogenese meiner wechselnden Gefühlszustände rudimentär Bescheid wusste - oder kurz, bei der ich mich ab und zu smalltalkmäßig ausgekotzt hatte -  sagte, als der Blog gerade seine ersten Atemzüge getan hatte, einmal zu mir: „Jetzt hast du deine Therapie gefunden!“ 
Und auch eine psychotherapieerfahrene Kollegin gab mir in einer schwierigen Phase schon einmal den Rat ‚alles aufzuschreiben‘, wobei sie ihren eigenen Therapeuten zitierte. 
Valide Nachweise zur Wirksamkeit dieser „Therapieform“ kann ich euch an dieser Stelle nicht bieten und gewohnheitsmäßig verweigere ich auch die Recherche. Vielleicht ergänzt das die Schwarmintelligenz in den Kommentaren.

Ich kann aber sagen, dass das sich dem Ende nähernde Schuljahr, in welchem ich zu bloggen begann, das Erste ist, in dem ich KEINEN kopfbedingten Krankenschein benötigte.
Wie auch immer. Lange Rede – kurzer Sinn. Ich möchte mit euch einen Flohmarkt veranstalten und euch die Möglichkeit geben, eure Gefühle erstens loszuwerden und zweitens im günstigsten Falle noch in irgendwas Positives umzuwandeln.


Was müsst ihr dafür tun? 
Möglichkeit 1: Im Sinne einer Blogparade veröffentlicht ihr den Artikel zum Gefühlsflohmarkt bei euch auf dem Blog und ich stelle euren Post hier im Lehrerzimmer vor. Selbstredend gegenseitig verlinkt im Sinne der Vernetzung. Wuuuuh. Ich hab die bösen Blogger-Wörter in die Tasten getippt.
Möglichkeit 2: Ihr habt keinen Blog aber was loszuwerden? Kein Problem. Schickt mir eure fertig im Text verpackten Gefühle per Mail an lehrerzimmer@outlook.com und ich mach einen „Gefühls-Flohmarkt-Artikel“ hier für den Blog draus. Ihr dürft dabei gerne anonym bleiben, müsst ihr aber nicht. 
 
Erlaubt ist alles was raus muss. Allen voran der Job. Hey, nur weil man sich vielleicht eine Arbeit ausgesucht hat, muss das nicht heißen, dass man nichts daran scheiße finden darf. Nerven euch Chefs, Kunden, Kinder, Eltern, Kollegen oder wer auch immer? Dann her damit, wir lesen euch zu. Euch gehen Menschen allgemein oder Teile unserer Gesellschaft auf den Geist? Dann bitte. Rassistisches oder homophobes Zeug lasst ihr aber bitte stecken.

Ein offenes Ohr bzw. Auge haben wir auch für bescheuerte Expartner und Schwiegermütter, Personalchefs, Beamte, Nachbarn oder oder oder. Probiert es aus und erlebt die heilende Wirkung des „Gefühle einfach rausschreiBens“.

Viel mehr hab ich heute dann gar nicht zu sagen. Ich gebe der Aktion Frau Müllers Flohmarkt der Gefühle keinen Zeitraum, sie läuft neben her und ich hoffe natürlich auf die ein oder andere emotionsgeladene Beteiligung. Rege Teilnahme trau ich mich nicht zu schreiben, da die Reaktionen auf solche Aufrufe meistens sehr überschaubar sind.

Ich schließe heute mit ein paar Auszügen aus meinen in den Gefühlskleinanzeigen angebotenen Artikeln und den Links dazu. Sozusagen zur Inspiration…

„(…)Ich hasse Facebook. Ich hasse es wenn Herr Müller morgens nach dem Aufwachen bei geschlossenem Rollladen vor dem Fenster zu mir sagt: „Schatz, es hat geschneit!“ – er weiß es von Facebook. Verdammt, was bringt Menschen dazu morgens nach dem Aufwachen die Großwetterlage zu posten?(…)“ 

„(…) Ich träume die Szene anders: auf dem Billigflug nach Palma dutzt der neunjährige Kevin die Stewardess, besteht auf die Trovatos im Bordfernsehen, protestiert 45 Minuten lautstark weil es kein Bordfernsehen gibt und spült seine Schuhe aus Protest die Bordtoilette runter. Die Stewardess ruft: „Ein Lehrer. Ist hier ein Lehrer an Board?“ Ich mache mich ganz klein in meinem Sitz, halte meinen ausgestreckten Zeigefinger vertikal vor meine gespitzten Lippen und schaue meine Kinder drohend mit aufgerissenen Augen an. Dann wache ich schweißgebadet auf. (…)“ 


„(…) Sollen wir ernsthaft ein schlechtes Gewissen wegen unserer Arbeitszeiten haben gegenüber Eltern, die vormittags genug Zeit haben Anzeige gegen Sechstklässler wegen harmloser Rangeleien auf dem Schulhof zu erstatten, uns in verdienten Pausen auflauern um uns zu einem ungeplanten Gespräch wegen Belanglosigkeiten zu nötigen oder die zu bequem sind, bei einem Unfall ihres Kindes mit dem Bus in die Schule zu fahren weil alle anderen arbeitslosen Freunde mit Auto ohne TÜV wohl gerade einen Pflichttermin beim Arbeitsamt wahrnehmen? Ich denke nicht. (…)“ 

„(…) Weitere fünf Minuten später – die Tür öffnet sich erneut. Kollege M.: „Weißt du wo Pflaster sind?“ Ich: „Äh, ja, da – im Verbandskasten!“ M. wirkt etwas gestresster und verlässt mit dem Pflaster den Raum. Diesmal nicht ganz fünf Minuten später öffnet sich die Tür ein letztes Mal. M.: „Ich brauch mal mehr als Pflaster!“ – „Ja, im Verbandskasten…“ Bei der Erstversorgung der Wunde eilt ihm dann schließlich noch der unterrichtende Kollege der dritten Werkgruppe zu Hilfe. Mittlerweile ist der Schülerfinger, nachdem er später noch fachmännisch notfallmedizinisch versorgt wurde, gut verheilt. Keine bleibenden Schäden. In diesem Fall.(…)“ 

„(…) Da ich hier aber nun mal nicht in der Schule sondern in MEINEM Lehrerzimmer bin MUSS ICH GAR NICHTS. Und wisst ihr was noch besser ist? IHR MÜSST AUCH NICHTS. Ihr dürft kommen wann ihr wollt und lesen was ihr wollt und ich schreibe WAS ICH WILL. Hört sich doch traumhaft an, oder?! Im günstigsten Falle finden wir sogar gelegentlich einen gemeinsamen Nenner… JACKPOT.(…)"

„(…) Nur eins will ich damit sagen: Mütter, zieht euch endlich den Stock aus dem Arsch! (…)“ 

Mit diesen bedeutungsschwangeren Worten möchte ich heute schließen. Nächste Woche gibt's wie gewohnt einen neuen Blogartikel - unabhängig vom Flohmarkt. Vom Niveau her wird sich dieser rund um die Grenze zwischen Schlaf und Wachzustand bewegen, also seicht. Für die Eindämmung eurer wissenschaftlich übrigens nachgewiesenen Ferien- bzw. Urlaubsverblödung bin ich nicht verantwortlich. Ich hab da mit mir selbst zu tun. Löst doch ein paar Sudokus, hab gehört das soll helfen. Oder nehmt einfach an meinem Flohmarkt teil. Das ist Psychohygiene at it's best. 

Wem bis dahin ganz fürchterlich langweilig ist,
 dem rate ich in der Lehrerzimmeraußenstelle 
Dort tue ich in unregelmäßigen Abständen 
nichts gegen Verblödung. Aber gegen Langeweile.







3 Kommentare:

  1. http://milchzahn-einhorn.de11. Juli 2017 um 11:53

    Genau mein Ding...aber als blutige Bloganföngwri brauche ich offensichtlich Nachhilfe. Soll ich den Link zu meinem Beitrag einfach hier in die Kommentare schreiben?

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  2. Sehr ansprechend geschrieben. Kein Wunder, dass sich Frau Müller gerne schreiben liest. ;-)

    Würde mich über ein Feedback auf meinem Blog riesig freuen! Hab noch keine 50 Einträge - davon bin ich sogar noch extrem weit entfernt. Und doch habe ich ein gutes Gefühl bei der Umsetzung meiner Idee und glaube fest daran, dass ich Leser finden werde, die meine Texte supi finden. :-)

    Alles Liebe Alinee

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    1. Hallo Alinee, danke für dein Feedback.Vielleicht hast du ja Lust an der Blogparade teilzunehmen, das hilft dich zu vernetzen, deinen Blog unter die Leser zu bringen und damit Reichweite zu gewinnen. Wenn du magst und einen passenden Beitrag hast dann schreib mir einfach eine Mail
      LG Frau Müller

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